Unterwegs in Patagonien

Ein Reisebericht

Christoph Radü in Patagonien

Wer glaubt in Patagonien gibt es nur schlechtes Wetter, der irrt. Wer glaubt in Patagonien braucht man keine Sonnencreme, der irrt gewaltig.

Nach einem sehr langen Flug im chilenischen Puerto Varas angekommen, regnet es, die Temperatur liegt bei 12°C, und man sieht nicht einmal den Llanquihue See, an welchem die Kleinstadt liegt. Das fängt ja gut an, denke ich. Denn schon am nächsten Tag wollte ich die Anden nach Bariloche überqueren. Bei der auch Seenüberquerung genannten Tour wechseln sich mehrere Busfahrten jeweils immer mit einer Boots- oder Katamaranfahrt ab. Doch ich habe Glück. Am Morgen hat der Regen aufgehört, es ist jedoch immer noch bedeckt. Das ändert sich dramatisch nach Überquerung der Grenze, die versteckt auf einem Bergpass in den Anden liegt: auf der argentinischen Seite ist Sonnenschein, nur noch einzelne Wolken am Himmel, sodass nun auch die Andengipfel zum Vorschein kommen, die die Seen umringen. Auch die Vegetation ist deutlich anders. Da ein Großteil der vom Pazifik kommenden Regenwolken an den Bergen hängenbleibt, ist es auf der argentinischen Seite deutlich trockener. Wälder (mit teils beeindruckend hohen Nadelbäumen sowie aufgrund der Trockenheit weiß gefärbten Bambus, der dichte Tunnel über die Wanderwege bildet) gibt es hier dennoch, die mich sogleich zu einer Wanderung verlocken. Die Sonne ist inzwischen jedoch bereits so stark, dass ich am Abend bereits meinen ersten Sonnenbrand habe. Nicht der letzte auf dieser Reise.

Übrigens, auch in Chile gibt es Sonne. Bereits kurz nach meiner Rückkehr nach Puerto Varas reißt auch hier die Wolkendecke auf und nun plötzlich leuchten und strahlen die Gletscher der Vulkane Puntiaguado, Calbuco und der bekannte Osorno. Ein paar Wagemutige kühlen sich im Llanquihue-See, das Wasser ist dann doch etwas frisch.
Ich reise im Jeep weiter Richtung Süden durch die chilenischen Fjorde und über die teils von dichter Vegetation umrahmte "Carretera Austral", vorbei an der durch einen Vulkanausbruch zerstörten Stadt Chaiten, über Coyhaique und entlang des größten See Chiles, dem Lago General Carrera. Hier sehe ich nun auch eine der ersten Anzeigetafeln, die überall im Land die aktuelle Stärke der UV-Strahlung anzeigen und entsprechende Empfehlungen geben. Doch heute regnet es mal wieder. Eigentlich auch nicht weiter verwunderlich, befinde ich mich doch im gemäßigten Regenwald des Pumalín-Parks, der über die legendäre Carretera Austral erreichbar ist. Riesige Farne und Nalca-Pflanzen, eine Art chilenischer Rhabarber, quellen auf die Straße. Bei einer kurzen Wanderung entdecke ich riesige Alerce-Bäume, teilweise mehr als 1000 Jahre alt. Die Regentropfen, die auf die Baumstämme fallen, und die Wolken, die in den Fjorden hängen, tragen auch einen großen Teil zur mystischen Schönheit dieser Region bei.

Auf der Höhe des Lago General Carrera, auch Chelenko genannt und größter Sees Chiles, erreiche ich den nördlichen Rand des patagonischen Eisfeldes. Man ahnt es bereits - es schneit. Kurz darauf scheint aber auch schon wieder die Sonne, überhaupt kann man hier innerhalb kurzer Zeit, manchmal auch an einem Tag drei Jahreszeiten erleben. Wie bestellt herrscht dann auch bei den Aktivitäten am Exploradores Gletscher und an den spektakulären Marmorhöhlen bestes Foto-Wetter.

Der See erstreckt sich bis über die argentinische Grenze und wir reisen von nun auf der argentinischen Ruta 40 vorbei am beeindrucken Fitz Roy Massiv und dem gewaltigen Perito Moreno Gletscher. Dieser wird vom südlichen Teil des patagonischen Eisfeldes gespeist, übrigens die drittgrößte Gletscherzone der Welt, direkt nach der Antarktis und Grönland.

Am südlichen Rand dieses Eisfeldes befindet sich eine der bekanntesten Attraktionen Patagoniens: der Nationalpark Torres del Paine mit seinen markanten Felsgipfeln, den Torres ("Türmen") und "Cuernos" (Hörnern). Hier treffen alle Merkmale Patagoniens zusammen: bei der Anreise vom argentinischen El Calafate reist man durch die unendliche Weite der Pampa, flach und meilenweit kein Haus zu sehen (bei der Anreise von Puerto Natales aus prägen zunächst beeindruckende Fjordlandschaften das Bild). Sobald die ersten Berge wieder auftauchen, kreisen die Kondore über einem und kurz vor dem eigentlichen Parkeingang wird das Auto von den ersten Guanaco-Herden gestoppt. Vereinzelt sieht man auch Nandus, ein Laufvogel ähnlich wie der Strauß. Kurz bevor ich in einer der Schutzhütten am Fuße des gewaltigen Massivs zu Bett gehe, sind es immer noch 25°C. Super, denke ich, fast schon Sommer! Andererseits, eigentlich viel zu warm, denn morgen will ich den fünftägigen W-Trek durch den Park beginnen. Doch das patagonische Wetter enttäuscht mich nicht. In der Nacht hat der Wind aufgefrischt und die Böen blasen zeitweise mit 90km/h. Der Aufstieg zur nächsten Schutzhütte gestaltet sich entsprechend schwierig. Kurz vor dem sogenannten "Paso de Vientos" (Pass der Winde) kommt mir ein anderer Wanderer entgegen und informiert mich, dass der Wind dort oben noch deutlich stärker ist. Wie? Noch stärker? Wie soll das gehen? Irgendwie geht es dann doch und ich werde oben mit einem gigantischen Bergpanorama der "Torres", dem Torres-Gletscher und der darunter liegenden Lagune belohnt. Am nächsten Tag ist der Wind plötzlich komplett weg, dafür regnet es. Der Regen wird am dritten Tag durch den Wind ergänzt, Gott sei Dank sind alle Schutzhütten mit heißen Duschen und kleinen Öfen zum Trocknen der nassen Kleidung ausgestattet. Am vierten Tag ist es wieder trocken und am fünften Tag ist wirklich traumhaftes Wetter, die Sonne scheint, kaum Wolken am Himmel und auch der Wind ist still. So strahlt der Grey-Gletscher heute besonders weiß, der aus dem südlichen Eisfeld gespeist wird. Von einem Aussichtspunkt gut 2 Stunden vom letzten Refugio entfernt überblicke ich die unendlich scheinenden Eismassen, die von Spalten durchzogen sind und am Horizont von eisernen Gipfel umrandet sind. Ein gewaltiger Anblick, der mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Bei der Fahrt über den gleichnamigen See passieren wir vereinzelte Eisberge, die am Rande des Sees in großen Massen parken.

Am Abend (eigentlich schon in der Nacht) und angekommen in Puerto Natales beschließe ich den Tag mit einer Spezialität: patagonisches Lamm. Während meine Haut noch von der Sonne glüht, denke ich mir: bei meiner nächsten Patagonien-Reise mache ich mir weniger Sorgen über eventuell schlechtes Wetter und mehr über einen stärkeren Sonnenschutz.

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